top of page

Dissoziation an der Grenze von Selbst und Rolle: Die Kunst der inneren Zerrissenheit

  • Autorenbild: Fee Louise Schwarz
    Fee Louise Schwarz
  • 21. Feb.
  • 2 Min. Lesezeit

Manche Rollen haften an der Seele wie nasses Tuch an der Haut. Sie sickern durch jede Pore, schieben sich zwischen Gedanken und Gesten, bis nicht mehr klar ist, wo das eigene Selbst endet und die gespielte Figur beginnt. Besonders Schauspieler:innen, Performance-Künstler:innen und andere Kunstschaffende kennen diesen Schwebezustand – das ungreifbare, beinahe traumwandlerische Umherwandern zwischen Identitäten. Doch was passiert, wenn der Rückweg versperrt scheint?


© Unsplash
© Unsplash

Die feine Linie zwischen Hingabe und Verlust


Die künstlerische Arbeit ist ein Balanceakt. Auf der einen Seite steht die absolute Hingabe an eine Rolle, das Eintauchen in fremde Leben. Auf der anderen lauert die Gefahr der Selbstauflösung. Wird die Grenze unscharf, beginnt die Dissoziation – ein Zustand, in dem das eigene Ich verfließt, sich fragmentiert, als wäre man ein Beobachter des eigenen Seins.


1. Wenn die Rolle Besitz ergreift

Es gibt Figuren, die sich festsetzen. Sie nisten sich in die Mimik ein, verändern den Gang, schwingen in der Stimme nach. Schauspieler:innen berichten von Rollen, die noch Monate nachwirken – in den Träumen, in plötzlichen Gefühlsausbrüchen, in einem Unbehagen, das sich nicht abschütteln lässt.


2. Der eigene Spiegel bleibt leer

Wer zu lange in fremden Leben verweilt, kann sich selbst verlieren. Die Trennungslinie zwischen der inneren Wirklichkeit und der Bühnenrealität verschwimmt. Der Blick in den Spiegel wird fremd, das eigene Ich erscheint blass, konturlos – als sei man nur noch eine Silhouette.


3. Der Nachhall der Inszenierung

Die Bühne verlässt man nie ganz. Manche Rollen hallen nach, andere hinterlassen Spuren, die sich erst Jahre später entwirren lassen. Wer sich tief genug in ein anderes Leben gräbt, kann es nicht ohne weiteres wieder abschütteln. Dissoziation ist kein plötzliches Verschwinden – sie ist ein leises, schleichendes Verwehen.


Psychodrama als Rückweg zum eigenen Selbst


Psychotherapie kann dabei helfen, die Grenze zwischen Rolle und Identität bewusst zu ziehen – oder sie, wenn nötig, wieder sichtbar zu machen.

  • Rollenarbeit: Ein bewusster Perspektivwechsel hilft, Abstand zu gewinnen und die eigene Position neu zu bestimmen.

  • Spiegelung: Eine Szene von außen zu betrachten, kann das eigene Empfinden klären und neue Realitätsanker setzen.

  • Nachbesprechung und Integration: Reflexion ist der Schlüssel, um Erlebtes einzuordnen, es zu bewahren oder bewusst loszulassen.


Die künstlerische Arbeit ist ein Eintauchen, ein Sich-Verlieren und Wiederfinden. Doch es braucht Rückwege, Ankerpunkte, die das eigene Selbst vor dem Verwehen bewahren. Wer bewusst mit der Grenze zwischen sich und der Rolle umgeht, kann sich in fremden Welten bewegen, ohne darin zu verschwinden – und vielleicht sogar reicher daraus zurückkehren.

 
 
 

コメント


この投稿へのコメントは利用できなくなりました。詳細はサイト所有者にお問い合わせください。
bottom of page